In einem agilen Umfeld wird nicht nur die Betrachtungsweise des magischen Dreiecks* auf den Kopf gestellt, sondern auch die Rollen und damit zusammenhängende Aufgabenverteilung. Daher die Frage, ob es noch einen klassischen Projektleiter im agilen Umfeld geben wird.
Es ist aber auch eine Chance für jeden Projektleiter, der in die agile Welt wechseln will anhand seinen Stärken in eine neue Rolle reinzuschlüpfen.
Agiles Projektmangement vs. klassisches Projektmanagement
Agiles Vorgehen ist geprägt von einer Denk- und Vorgehensweise, die das Management von Anforderungen in einer sehr dynamisch und flexiblen Form zulässt. Der Fokus im klassischen Projektmanagement hingegen liegt auf der möglichst exakten Umsetzung des vorher definierten Planes. Folgende Gegenüberstellung ist häufig zu finden.
Kriterium | Klassisches Projektmanagement | Agiles Projektmanagement |
Fokus | Plandurchführung | Kommunikation und Zusammenarbeit |
Planungsumfang | Ganzheitliche Planung | Inkrementelle Planung |
Planungsauslegung | Stabil | Flexibel |
Planungsreichweite | Langfristig | Kurzfristig |
Planungsgrad | Gut Planbar | Komplex |
Zielsetzung | Fixiert | Nicht fixiert |
Führungsstil | Delegation | Selbstorganisiert |
Führungsrichtung | Top-down | Bottom-up |
Dokumentation | Ausführlich | Minimal |
Generell habe ich persönlich ein Verständnisproblem bei dem Begriff „agiles Projektmanagement“, denn in meiner klassischen Projektleiter Ausbildung habe ich noch folgende Definition für Projekt gelernt:
Ein Projekt ist ein zielgerichtetes, einmaliges Vorhaben, das aus einem Satz von abgestimmten, gesteuerten Tätigkeiten bestehen und durchgeführt werden kann, um unter Berücksichtigung von Vorgaben wie etwa Zeit, Ressourcen und Qualität ein Ziel zu erreichen.
Wikipedia
Agiles Projektmanagement wird immer sehr schnell mit Scrum gleichgesetzt. Scrum hat den Fokus auf ein Produkt, das Mehrwert (so auch für mehr als eine Kunden) schafft. Jeder Sprint kann zwar als Mini-Projekt gesehen werden, aber per se braucht es dafür aus meiner Sicht nicht das Buzzwort „agiles Projektmanagement“.
Nun aber zurück zum klassischen Projektleiter
Das agile Umfeld versucht komplexe Probleme zu lösen und Innovationen hervorzubringen. Dieses Umfeld lebt von Mitarbeitern, die Lust haben sich einzubringen und miteinander Neues zu erschaffen. Da passt die Vorgehensweise eines klassischen Projektleiters, der von oben die klare Ansagen macht und die Entscheidungen vorgibt, nicht mehr dazu.
Der klassischer Projektleiter im Überblick
Das Vorgehen eines klassische Projektleiters hat seine Stärken bei sequentiell ablaufenden Prozessen, wie es beim Wasserfall und V-Modell der Fall ist. Vom klassischen Projektleiter wird häufig fachliches Know-how in der Anwendungsdomäne und/oder technisches Wissen in den verwendeten Technologien erwartet. Der Schwerpunkt eines Projektleiters ist das Managen des Projektes und das Übernehmen der Verantwortung für die Einhaltung des Projektplanens durch folgende Aufgaben:
- Verantwortet das Projektbudget.
- Verantwortet den Zeitplan.
- Kann entscheiden, wann was gemacht wird.
- Verantwortet korrektes Reporting.
- Verantwortet Risikomanagement.
Der Führungsstil ist dabei in der Regel eher autoritär mit Command & Control. Der Faktor Mensch und bestehende Team-Dynamiken spielen hier meistens eine untergeordnete Rolle. Je nach Umfeld hat der Projektleiter auch gar keine Zeit sich genau um solche Sachen zu kümmern.
Rollen in Scrum
Im agilen Framework Scrum werden die Aufgaben bzw. Verantwortlichkeiten auf den Product Owner und Scrum Master aufgeteilt. Jede Rolle mit einem eigenen Fokus, aber gegenseitig ergänzend. Beide sind Teil des Scrum Teams und sind laterale Führungskräfte (Leader), d.h. sie haben keine Weisungsbefugnis und führen kooperativ mittels Mentoring und/oder Coaching.
Scrum Master Fokus: Prozess und Mensch | Product Owner Fokus: Produkt und Markt |
– Verantwortlich für die korrekte Umsetzung und Einhaltung des Scrum Frameworks, Moderiert Meetings. – Vermittler und Unterstützer, ermöglicht Informationsfluss zwischen Team und Product Owner. – Beseitigt Hindernisse und schützt das Team vor unbefugten Eingriffen. | – Business orientierte Person, die für die Wertmaximierung des Produktes verantwortlich ist. – Pflege und Periodisierung des Produkt Backlogs anhand einer Vision. – Vertritt Kundensicht und ist für Stakeholder Management. |
Die Gegenüberstellung zeigt, das die Rolle des Projektleiters im Scrum Umfeld nicht mehr vorgesehen ist und sich seine Aufgaben auch dort nicht mehr direkt widerspiegeln, wie die nächste Auflistung ebenfalls veranschaulicht.
Scrum Master und Product Owner vs. klassischen Projektleiter
Bei folgenden Zuständigkeiten unterscheiden sich Scrum Master und Product Owner vom Projektleiter:
- Der klassische Projektleiter fungiert als Schnittstelle zwischen den Fachbereichen und dem Entwicklungsteam. Der Scrum Master hingegen hilft dem Product Owner durch Coaching und Mentoring in seiner Funktion als „Produktentwickler“, der auch im Rahmen des Stakeholder Management die Abstimmungen übernimmt.
- Projektleiter müssen in der Regel Rechenschaft über die Leistungen des Teams abgeben. Der Scrum Master ist der nächsten Managementebene nur bezüglich Produktivität verpflichtet. Für die Qualität des Produkts und für die pünktliche Lieferung ist der Produkt Owner zusammen mit dem Entwicklungsteam verantwortlich. Ein Scrum Master erstellen keine Status-Reports für das Management.
- Der Projektleiter ist meist der Mitarbeiter mit dem größten technischen Verständnis und dem umfangreichsten Produkt-Know-how. Dieses sogenannte Domänen Wissen ist auch für die Rolle des Product Owners wichtig, so dass diese Rolle dem Projektleiter am nächsten ist. Der Scrum Master hingegen muss dieses Wissen nicht mitbringen, sondern eher sogenannte Soft Skills wie beispielsweise Empathie besitzen.
Es ist aber auch eine Chance für jeden Projektleiter, der in die agile Welt wechseln will anhand seinen Stärken in eine neue Rolle reinzuschlüpfen.
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