Effectuation ist eine Entscheidungslogik, die in Situationen der Ungewissheit ohne Vorhersage zum Einsatz kommt. Dabei wird nicht mehr gefragt „Was soll ich tun?“, sondern „Was kann ich tun?“.
Das PAVE Modell von Michael Faschingbauer zeigt, wann Effectuation am sinnvollsten eingesetzt werden kann und welche Alternativen es gibt. Die Navigation soll bei der Auswahl der geeigneten Strategie helfen.
Anwendungsgebiet von Effectuation
Die kausale-Logik, die u.a. vom traditionellen Management verwendet wird, um effizient von A nach B zu kommen stößt bei Vorhaben mit hoher Ungewissheit an seine Grenzen. An dieser Stelle ist Effectuation die bessere Denk- und Handlungsweise.
Der Begriff Effectuation kommt aus der Entrepreneur-Forschung. Es findet aber nicht nur bei der Gründung Anwendung, sondern wird meist auch schon unbewusst im Alltag von der Mehrzahl gelebt. Bei der Jobsuche ist dies beispielsweise ein gängiges Vorgehen.
Beispiel für Effectuation: Kreatives Kochen
Ein weiteres Beispiel ist das Kochen ohne Rezept bzw. die „Philosophie des offenen Kühlschranks“. Ich nenne dies gerne kreatives Kochen. An diesem Beispiel wird nachfolgend die Denkprinzipien von Effectuation erklärt. Wie gehst Du vor, wenn Du nicht genau weißt was Du kochen sollst.
Ausgehend von einem Handlungsanlass, wie beispielsweise einer komplexen und neuartigen Problemstellung wie die COVID-19 oder Energie Krise, wird es durch die nachfolgenden vier Denkprinzipien ermöglicht, handlungsfähig zu bleiben und auch die Zukunft aktiv zu mitzugestalten.
Link-Tipp: Das Projektmanagement Magazin nennt in dem Artikel Erfolgreich Managen in Zeiten der Corona-Krise gute Beispiele, wie Effectuation in dieser Zeit helfen kann.
Auch die Feuerwehr befindet sich im komplex-chaotischen Umfeld und hat ständig mit Ungewissheit zu kämpfen.
Prinzipien
Prinzip 1: Mittelorientierung (Bird in Hand)
Im Rahmen von Effectuation handelst du bei der Umsetzung deines Vorhabens nach der Redewendung: „Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach“. Konzentriere dich auf Dinge, die aufgrund deiner verfügbaren Mittel erreichbar sind, anstelle etwas Unerreichbares zu verfolgen, egal wieviel wertvoller es sein könnte. Den Spatz hat hast Du sicher in der Hand, die Taube auf dem Dach kann aber jeder Zeit davon fliegen.
Bei der Erhebung der vorhanden Mittel und der möglichen Ziele kannst du dir folgende Fragen stellen:
- Wer bin ich? (Persönlichkeitsmerkmale, Charakterzüge, Vorlieben)
- Was kann ich? (Kompetenzen, Qualifikationen)
- Wen kenne ich? (Umfeld, Netzwerk, Unterstützer)
Beispiel für Effectuation: Kreatives Kochen
Anstelle erst gemäß einem Rezept Zutaten einzukaufen, schaust Du in den Kühlschrank was vorhanden ist und was du gerne davon magst. Falls Du dir etwas fehlst, kannst Du dir überlegen, wer dir dabei helfen kann.
Prinzip 2: Leistbarer Verlust (Affordable Loss)
Ein wichtiger Baustein ist das bewusste Setzen von Grenzen, beispielsweise als finanziell und/oder zeitlich, um das Vorhaben schrittweise umzusetzen und das Risiko zu minimieren. Ziel ist es dabei die Ungewissheit immer mehr zu reduzieren.
Um den leistbaren Verlust zu verorten, kannst Du dir folgende Fragen stellen:
- Was kann ich aufs Spiel setzen, ohne ein zu großes Risiko einzugehen?
- Bis zu welchem Punkt fühlt es sich für mich noch gut an?
- Was ist das Schlimmste was passieren kann?
Beispiel für Effectuation: Kreatives Kochen
Der maximalste Verlust beim Kochen ohne Rezept könnte für dich der Geschmack sein. Wenn eine außergewöhnliche Zutat verwendest, ist das Ergebnis ungewiss. Du kannst (noch) nicht wissen, ob alle Zutaten miteinander harmonieren.
Prinzip 3: Zufall als Chance (Lemonade)
Wenn dir das Leben Zitronen gibt, dann mach Limonade draus
Virginia E. Wolff
Sobald du Unvorhergesehenes nicht als Problem, sondern stattdessen als positive Veränderung siehst, kannst du wieder den Zufall immer wieder als neue Chance nutzen.
Beispiel für Effectuation: Kreatives Kochen
Da die Kombination der Zutaten durch das fehlende Rezept rein zufällig ist, ist auch ein unerwartet gutes Geschmackserlebnis als Überraschung möglich. Auch eine zusätzliche Information kann das Ergebnis beeinflussen.
Prinzip 4: Partner einbinden (Crazy Quilt)
Bei Effectuation wird nicht mehr genau das einzig passende Puzzleteil für eine Partnerschaft gesucht, sondern jeder der Mitmachen will ist willkommen. Unabhängig davon, ob derjenige Mitbewerber/Konkurrent oder fachfremd ist. Solange das Risiko (siehe leistbarer Verlust) mitgetragen sowie ggf. durch neue Mittel das Vorhaben vorangebracht wird, ist es in dem Moment die richtige Person.
Diese Art des Co-Creation wird mit der Metapher der Patchworkdecke umschrieben. Die Decke wird aus den Stücken die gerade da sind zusammengenäht und gibt so ein großes Ganzes.
Beispiel für Effectuation: Kreatives Kochen
Kochen allein macht wenig Spaß. Wer könnte also mit kochen? Was bringt die Person mit? Oder welcher Nachbar kann bei einer fehlenden Basis-Zutaten aushelfen (und vielleicht auch mitessen)?
Zusammenfassung
Effectuation arbeitet mit kurzen Lernschleifen, also mit kleinen Schritten, und das bedeutet, dass dadurch großes Durchhaltevermögen weniger erforderlich ist. Effectuators arbeiten (kochen) immer nur mit dem, was momentan verfügbar ist. Ziel ist das Machbare und nicht das Erträumte, wobei ja aus dem Machbaren durchaus einmal das Erträumte entstehen kann. Mittelorientierung bedeutet auch, dass wir das tun, was wir gut können und gerne tun. Das, was auch unseren Werten und normativen Vorstellungen entspricht. Solch ein Vorgehen führt in der Regel zu weniger inneren Konflikten. Im Effectuation-Prozess müssen wir uns nicht frühzeitig für Ziele entscheiden, sondern erst dann, wenn wir schon Erfahrungen gemacht haben Lange Wege in unbekannt und ungewisse (unsichere) Gebiete werden dadurch vermieden.
— Michael Faschingbauer, Effectuation. Wie erfolgr
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